Chronologie der Krise

Wie aus einer Immobilienblase eine Weltwirtschaftskrise wurde…

Deutschland: Jetzt beginnt der große Stellenabbau

Posted by hw71 - 30. März 2009


Gefunden bei handelsblatt.com:

27.03.2009
Wirtschaftskrise

Jetzt beginnt der große Stellenabbau

Heideldruck, Mahle, Thyssen-Krupp: Kurzarbeit kann die Flaute bei den Aufträgen inzwischen nicht mehr kompensieren. Nun stehen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe. Betroffen sind nicht nur die Autozulieferer, sondern auch die Stahlindustrie, die Metallverarbeitung und der Maschinen- und Anlagenbau.

dc/gil/hz/mcs/sgr DÜSSELDORF. Der Weltmarktführer Heidelberger Druckmaschinen verdoppelt sein Sparprogramm und streicht 5 000 der noch knapp 20 000 Stellen. „Das wird ohne betriebsbedingte Kündigungen nicht gehen“, prognostiziert Heideldruck-Chef Bernhard Schreier.

Auch Konkurrent Koenig & Bauer zieht die Notbremse: Die Zahl der Mitarbeiter soll um weitere 800 auf 7 000 sinken, der Vorstandsvorsitzende Albrecht Bolza-Schünemann tritt wegen hoher Verluste von allen Ämtern zurück. Ebenfalls am Donnerstag teilte der Autozulieferer Mahle mit, dass er sein Werk in Alzenau mit rund 400 Mitarbeitern dichtmachen wird.

Die sich dramatisch verschärfende Wirtschaftskrise fordert ihren Tribut: Immer mehr Unternehmen müssen Stellen abbauen, weil die bisher praktizierte Kurzarbeit nicht mehr ausreicht.

„Wenn sich die Nachfrage in nächster Zeit nicht belebt, besteht die Gefahr, dass es auf breiter Front zu einem Arbeitsplatzabbau kommt“, warnt Alexander Malkwitz von der Unternehmensberatung AT Kearney. „Dies wird nicht nur den Autobereich und seine Zulieferer treffen, sondern auch die Stahlindustrie, die Metallverarbeitung und auch den Maschinen- und Anlagenbau.“

Auch Heideldruck begründet die drastischen Einschnitte mit der anhaltend schlechten Nachfrage der Druckereien, die mit der restriktiven Kreditvergabe der Banken zu kämpfen hätten. Den vor Jahren abgeschlossenen Beschäftigungssicherungsvertrag will das Unternehmen jetzt kündigen. Gleichzeitig wird die Kurzarbeit noch einmal bis Ende September verlängert.

Die Druckmaschinenbranche ist relativ früh von der Krise erfasst worden, da ihre Kunden meist kleine Druckereien sind, die bei einer Werbeflaute keine neuen Maschinen bestellen. Aber auch die Hersteller von Textil- und Werkzeugmaschinen spüren einen überdurchschnittlich hohen Rückgang der Auftragseingänge. So hat der Werkzeugmaschinenhersteller Gildemeister bereits die Streichung von 200 Arbeitsplätzen angekündigt.

Damit endet ein eindrucksvoller Boom: Rund 120 000 Arbeitsplätze haben die Maschinen- und Anlagenbauer seit 2005 geschaffen; Ende 2008 beschäftigte die Branche knapp 900 000 Personen. Doch seit Dezember 2008 sind die Auftragseingänge im Schnitt um mehr als 40 Prozent eingebrochen.

„Alle sagen bisher, Entlassungen sind nur das allerletzte Mittel“, sagt Ron Schumacher vom Branchenverband VDMA. Doch offensichtlich reicht Kurzarbeit jetzt nicht mehr aus. Die Strategieberatung Bain & Company sieht bis zu 50 000 Arbeitsplätze in Gefahr. Sie rechnet bis 2010 mit einem Umsatzrückgang von 15 Prozent für die Branche und erwartet eine Erholung frühestens in drei bis fünf Jahren.

In der Elektroindustrie sieht es nicht besser aus. Eine Umfrage des Branchenverbandes ZVEI hat nach Aussage des Chefvolkswirts Andreas Gontermann ergeben, dass 62 Prozent der befragten Unternehmen einen Abbau der Beschäftigung planen. Gleichzeitig nutzen aber auch 62 Prozent der Unternehmen aktuell das Mittel der Kurzarbeit.

Am schlimmsten ist bisher die Autobranche von dem Nachfrageeinbruch betroffen. Pessimisten gehen davon aus, dass jeder zweite der bundesweit gut 1 500 Autozulieferer in den nächsten Jahren aufgeben muss. Die Unternehmensberater von AT Kearney rechnen mit einem Verlust von gut 50 000 Jobs in der heimischen Zulieferindustrie. Roland Berger sieht gar bis zu 100 000 Arbeitsplätze bedroht.

VW versucht bisher, die Kernmannschaft zu sichern. Allerdings dürfte Ende 2009 keiner der Ende 2008 noch 16 500 Leiharbeiter mehr an Bord sein. Der EuropaChef des Opel-Mutterkonzerns General Motors und Opel-Aufsichtsratschef, Carl-Peter Forster, sieht mindestens 3 500 Stellen beim Rüsselsheimer Autobauer und bis zu drei Werke bedroht. Opel-Chef Hans Demant geht davon aus, dass es einen Personalabbau über Abfindungsprogramme geben wird. Der Autozulieferer Continental will 1 900 Stellen in der Reifenproduktion abbauen. Einige kleinere Autozulieferer haben bereits Insolvenz angemeldet, andere wie Leoni und Grammer streichen neben der weiter laufenden Kurzarbeit Hunderte von Stellen.

Auch die Stahlindustrie kommt mit Kurzarbeit nicht mehr aus. Der größte deutsche Stahlkonzern Thyssen-Krupp baut den Konzern total um, was 500 Stellen in der Verwaltung kosten wird. Die Streichung von 1 000 Stellen in der Produktion ist bereits beschlossen, weitere Stellen könnten folgen. Der zweitgrößte deutsche Stahlkonzern Salzgitter beschränkt sich bisher auf Kurzarbeit, will die Zahl der Kurzarbeiter aber auf 8 000 verdoppeln.

Auch in der Chemieindustrie fallen die ersten Stellen der Krise zum Opfer – allerdings in sehr viel geringerem Umfang. So hat BASF den Abbau von weltweit 1 500 seiner insgesamt rund 95 000 Arbeitsplätze angekündigt. Lanxess schließt kleinere Produktionsanlagen im Ausland, wovon 50 Mitarbeiter betroffen sind. Und Evonik hat im Rahmen seines Sparprogramms bereits 750 Stellen abgebaut – ebenfalls im Ausland.

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